Kurt Tucholsky , einer der bedeutensten Publizisten der Weimarer Republik, hatte 1929 die Mosel besucht. Herrlich beschrieben im Buch Panter, Tiger und Co. Wenn ich mal zitieren darf:

„…An der Mosel ging es noch an. Wir soffen uns langsam den Fluß hinab, wir fuhren mit dem Saufbähnchen von Trier nach Bullay hinunter, und auf jeder dritten Station stiegen wir aus und sahen nach, wie es mit dem Weine wäre. Es war.

Wenn wir das festgestellt hatten, stiegen wir wieder ein: der Zug führte einen Waggon mit, der sah innen aus wie ein Salonwagen, von hier aus hätte man ganz bequem Krieg führen können, so mit einem Telefon auf dem Tisch, mit dicken Zigarren und: »Seiner Majestät ist soeben der Sturmangriff gemeldet worden.« Wir führten aber keinen Krieg, sondern drückten auf die Kellnerin, und dann erschien ein Klingelknopf, oder umgekehrt, und dann konnte man auf dem langen Tisch einen naturreinen Mosel trinken und dabei Würfel spielen. … …Wir nahmen dies zur Kenntnis und stiegen in den Mosel – erst in den offenen, dann in einen jungen, frischen, dann in einen alten, goldgelben, der sehr schwer war. Es ging schnell mit uns; Mosel ist kein so bedächtiger Wein wie der Rheinwein oder der Steinwein … es ging sehr schnell. Wir hatten auch schon am frühen Nachmittag gemoselt – wir tranken unmittelbar in den Dämmerschoppen hinüber, vielleicht war es das. Karlchen und Jakopp saßen da und tranken, was sie konnten – und sie konnten!…

… Bernkastel, Traben-Trarbach,??? Bullay … dann aber setzten wir uns in einen seriösen Zug und fuhren nach Kolbenz. (Diese Aussprache wurde adoptiert, falls Jakopp ein künstliches Gebiß hätte: es spricht sich leichter aus.) In Kolbenz tranken wir der Geographie halber einen Rheinwein, und der konnte Papa und Mama sagen, wir aber nicht mehr. Am nächsten Morgen – es war ein Sonntag hell und klar – gingen wir spazieren. Wir gingen auf der breiten, baumbestandenen Allee; vorn an der Ecke war eine Fotografenbude, sie hatten Bilder ausgestellt, die waren braun wie alte Daguerrotypien, dann standen da keine Bäume mehr, ein freier Platz, ich sah hoch … und fiel beinah um.Da stand – Tschingbumm! – ein riesiges Denkmal Kaiser Wilhelms des Ersten: ein Faustschlag aus Stein. Zunächst blieb einem der Atem weg. Sah man näher hin, so entdeckte man, dass es ein herrliches, ein wilhelminisches, ein künstlerisches Kunstwerk war. Das Ding sah aus wie ein gigantischer Tortenaufsatz und repräsentierte jenes Deutschland, das am Kriege schuld gewesen ist – nun wollen wir sie dreschen! In Holland.“

Aber leider wurde einiges aus den Reisemanuskripten Tucholskys nicht in diesem Buch veröffentlicht. Wie Sie den Zitaten entnehmen können, wurde reichlich Moselwein getrunken und der Verstand der Freunde war vom Geist des Weines umnebelt, welches zu manchen Dummheiten führte.

Per Zufall kamen wir vor einiger Zeit an ein Originalmanuskript aus Kurt Tucholskys Reisetagebuch. Wie oben schon erwähnt, stiegen die Freunde an jeder dritten Station aus und schauten nach dem Wein. Und wenn Sie nun von Trier aus Moselabwärts zählen – jede dritte Station – dann war Reil auch dabei!

Aber schauen Sie selbst einmal in dieses Originaldokument aus dem Reisetagebuch von Kurt Tucholsky. Der fehlende Teil des Reiseberichtes der oben bei den Zitaten, bei den roten Fragezeichen, eingefügt werden müsste:

tucholsky.pdf

ca. 700 kb

Weitere Informationen über die Moselreise von Kurt Tucholsky kann hier angefordert werden: kurt-tucholsky-institut@web.de